14 Millionen. So viele Menschen werden gemäss der Prognose der renommierten Medizinfachzeitschrift «The Lancet» im Globalen Süden aufgrund der Zerschlagung von USAID sterben. Die Zahl bezieht sich auf den Zeitraum 2025 bis 2030. Und sie ist realistisch, wie ein Blick zurück verrät: Zwischen 2001 und 2021 konnte die US-amerikanische Entwicklungsagentur den Tod von rund 91 Millionen Menschen verhindern, sagt Stefan Klingbiel vom German Institute of Development and Sustainability (IDOS) gegenüber SRF. Das Center for Global Development rechnet derweil vor, dass USAID jährlich 3.3 Millionen Menschenleben gerettet hat.

Auch wenn Brücke Le Pont keine Gelder von USAID erhalten hat, ist man von den Entwicklungen betroffen. Denn die Entwicklungszusammenarbeit ist auf eine regelbasierte Weltordnung und Multilateralismus angewiesen. Und genau damit bricht die US-Regierung. So kamen vor der USAID-Abwicklung rund 40 Prozent der Entwicklungsgelder aller Mitglieder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), also den reichen Industrienationen, von den USA. Dies hängt vor allem mit ihrem hohen Bruttoinlandprodukt zusammen, woran die Entwicklungsgelder geknüpft sind.

Hand in Hand

Dass Brücke Le Pont keine direkten Gelder von USAID erhalten hat, liegt neben den grossen Dimensionen solcher Projekte auch darin begründet, dass die Vergabe der Mittel oft an Bedingungen geknüpft ist. Diese sind in sogenannten Mandatsverträgen festgehalten. Das könnte unter Umständen zu einem Konflikt mit unserem Lokalisierungsansatz führen. Die verschiedenen Interessen können zwar deckungsgleich sein. Dies ändert aber nichts am Grundgedanken der Lokalisierung: Nämlich, dass die Ideen von den Menschen vor Ort angestossen und getragen werden müssen. Denn verpflichtet fühlen wir uns den Bedürfnissen unserer Projektteilnehmer*innen vor Ort, nicht den Ideen von Beamt*innen in Washington.

Ananasblatt spitz

Ananansblätter sind scharf, spitz - und häufig Ursprung von Verletzungen bei Landarbeiter*innen.

Gleichzeitig ist es eine Realität, dass sich Entwicklungsprojekte gegenseitig ergänzen können. Ein Beispiel? Unsere Arbeit in Benin im Projekt «Faire Ananas». Dort haben die Landarbeiter*innen das Problem, dass die Früchte nach der Ernte einen langen Transportweg auf die lokalen Märkte vor sich haben. Mit jeder Minute in der prallen westafrikanischen Sonne verlieren die Esswaren an Qualität. Deshalb hätte ein Kühlungssystem von USAID hier Abhilfe schaffen sollen. USAID und das Projekt von Brücke Le Pont hätten so Hand in Hand gearbeitet. Dann kam der radikale Abbau.

Über 80 Prozent der Schweizer Bevölkerung gegen Kürzungen

Es ist allerdings zu einfach, mit dem Finger nur auf die US-Politik zu zeigen. Letztlich sind es auch europäische Staaten, welche die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit gekürzt haben. Neben der Schweiz waren dies Grossbritannien, die Niederlande, Finnland, Tschechien, Deutschland, Österreich und Irland, um nur einige zu nennen. Natürlich, die USAID-Kürzungen sind heftig. Doch auch Europa kehrt dem Globalen Süden mit ein paar wenigen Ausnahmen den Rücken.

Was bleibt? Unter anderem die Gewissheit, dass viele Menschen mit dieser Entwicklung nicht einverstanden sind. In einer aktuellen Umfrage zeigt sich die französische Bevölkerung solidarisch mit dem Globalen Süden. Auch eine repräsentative ETH-Umfrage hat einmal mehr gezeigt, dass über die Hälfte der Schweizer Bevölkerung mehr Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit wünscht. Über 80 Prozent sind sogar gegen Kürzungen – eine Zahl, die sich in den vergangenen Jahren stabil auf diesem hohen Niveau bewegt hat.

Es sind also politisch gewählte Entscheidungsträger*innen, die unsolidarisch sind. Nicht die Schweizer Bevölkerung. Die gute Nachricht: Diese Kluft lässt sich überbrücken – durch Spenden, politisches Engagement oder sonstiges Einstehen für eine gute Entwicklungszusammenarbeit. Dies ist wichtiger denn je.